Jacopo Bellini - Augenzeugenbericht

Antonio Vivarini und Giovanni d’Alemagna, Anbetung der Könige, um 1441-45. Berlin, Gemäldegalerie SMB, Detail
 

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Antonio Vivarini und Giovanni d’Alemagna, Anbetung der Könige, um 1441-1445, Gemäldegalerie, Berlin, Detail des ältesten Königs

BRIGIT BLASS-SIMMEN

Laetentur coeli oder die byzantinische Hälfte des Himmels. Die Anbetung der Könige von Antonio Vivarini und Giovanni d’Alemagna in der Gemäldegalerie Berlin, in Zeitschrift für Kunstgeschichte, 4/2009

Die Anbetung der Könige von Antonio Vivarini und Giovanni d’Alemagna erzählt vom Orient, vom christlichen und vom muselmanischen. In diesem faszinierend-vielfältigen Kontext wird das in Venedig entstandene Gemälde hier erstmals interpretiert. Als vergangene Geschichte - zugleich mit Aktualität geladen - werden die Bezüge zum Zeitgeschehen, dem Unions-Konzil und der Haltung der christlichen Welt gegenüber den Osmanen untersucht. 1438/39 fand im Ferrara und Florenz das Konzil statt, in dem die Union der römischen und der griechisch-orthodoxen Kirche beschlossen wurde.

Im Zusammenschluss der Ost- und Westkirche, geeint, sah die Christenheit die einzige Möglichkeit gegen die erstarkende und expandierende türkische Macht zu bestehen. Der griechische Kaiser Johannes VIII. Palaiologus und der Patriarch Joseph II. von Konstantinopel mit weiteren 18 Metropoliten und 700 ranghohen Geistlichen und Intellektuellen waren der Einladung des Papstes Eugen IV. gefolgt und zum Konzil eigens nach Italien gereist. In der Anbetung der Könige sind direkte Bezüge zum diesem Unions-Konzil hergestellt, so ist im ‚Heiligengewand’ des ältesten Königs der griechische Kaiser, Johannes VIII. Palaiologus, ‚versteckt’. Verweis auf die am Konzil hauptsächlich erörterte theologische Frage der Trinität, dass der Heiligen Geist vom Vater u n d vom Sohne (...filioque ) ausgehe, ist durch die Darstellung der Strahlen umkränzten Taube im Zentrum und Fokus des Bildes offenkundig.

Anfang des 19. Jahrhunderts befand sich das Gemälde in der Sammlung der Familie Zen in Venedig, wo es sich schon immer befunden haben soll. In Angelegenheiten des Konzils 1438/39 hatte ein Vertreter dieser Familie des venezianischen Hochadels, Michele Zen, den vertrauensvollen Posten des päpstlichen Schatzmeisters und war für das Wohl der griechischen Delegation in Venedig zuständig. Andere Mitglieder der Familie Zen waren über mehrere Jahrhunderte für die Interessen Venedigs im Orient tätig. Es ist deshalb nahe liegend, dass ein Vertreter der Familie Zen das Bild in Auftrag gegeben hatte.

Im venezianischen Ambiente und im Zusammenhang mit den Interessen Venedigs als „Tor zum Orient“ versteht sich die präzise Haltung zur damaligen politischen Aktualität, die dem Bild eigen ist: Nur geeint sind die Christen mächtig genug, den Frieden entlang der Seidenstraße aufrecht zu erhalten, Andersgläubige zu integrieren, um so den Wohlstand der Handelsrepublik Venedig zu garantieren.

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